Post, Pakete gar, im Ausland zu bekommen, ist für alle Expat-Familien ein Fest. Ein seltenes Fest. Diese Pakete enthalten ein Stück Heimat, Vertrautheit, Liebe – nur für die Empfänger sicht- und spürbar. So wie in „Omas Pakete“.
Omas Pakete
„Oma lebt am anderen Ende der Welt. Wenn das Sehnen zu groß wird, schickt sie ihrer Enkelin ein geheimnisvolles Paket, das sich auf eine lange Reise begibt …“ – so lautet der Klappentext zu Matthias Kröners Bilderbuch und ich war sofort eingenommen für diese Geschichte.
Familie am anderen Ende der Welt und lange Reisen gehören zum Alltag von Expatkindern – die richtigen Zutaten also für eine Bilderbuchempfehlung für euch auf dem Expatmamas-Blog.
Worum es geht
Der erste Satz enthält schon die ganze Essenz dieser Geschichte:
„Die Pakete von Oma sind deshalb so toll, weil sie vom anderen Ende der Welt zu mir kommen.“
Aus: Omas Pakete, Matthias Kröner/ Taltal levi, beltz & Gelberg 2023
Der Weg macht den Wert aus und die Liebe, mit der das Paket auf den Weg geschickt wird – grandios im Bild umgesetzt von Taltal Levi, die das Paket leuchtend bunt zeichnet. Es strahlt auf allen Seiten so, wie nur glückliche Augen strahlen können. „Eine helle Freude“ kam mir als Redewendung sofort in den Sinn.
Ungewöhnlich an diesem ersten Satz auch die Erzählperspektive für ein Bilderbuch: Ein Ich, ein Kind spricht. Dem Autor gelingt durch diesen Kniff, die Aufmerksamkeit ganz auf das Paket zu richten, das die Hauptrolle spielt.
Jedes Kind kann in die Rolle der Ich-Erzählerin schlüpfen und sich vorstellen, wo die Pakete überall vorbeikommen und was sie alles sehen: die Sterne über dem Meer und fliegende Fische, Dschungel und Flüsse, Wolkenkratzer und kleine Füchse. Die Pakete reisen mit Schiffen, Zügen und Flugzeugen. Sie werden durchleuchtet und vom Zoll geöffnet. Wissen und kindliche Fantasie vermischen sich, Reales und Ausgedachtes verweben sich zu einem kleinen Abenteuer.
Am Ende öffnet das erzählende Ich, die Enkelin, das Paket ganz vorsichtig „damit es nicht erschrickt nach dieser langen Reise„. Und was ist drin?
Wir wissen es nicht. Denn es wird nicht dargestellt. Der Inhalt ist universell. Es geht nicht um das Materielle im Paket – da hat jeder andere Wünsche. Vielleicht ein Glas selbstgemachte Marmelade? Ein Buch? Weihnachtskekse? Ein Spielzeug? Unerheblich.
Was wirklich zählt
Der Zauber liegt in dem Paket selbst. Dass es DA ist; dass es diesen weiten Weg gemacht hat; dass es von Oma gepackt wurde. Von diesem einen Menschen, der einem anderen Menschen so viel bedeutet. Außenstehende können das nicht sehen.
So kommt das Paket auf seiner Reise an Menschen vorbei, „die nicht verstanden haben, was so ein Paket bedeutet.“ Deswegen haben auch die Zollbeamten sein Geheimnis nicht entdeckt. Denn das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar – wie Antoine de Saint-Exupéry schrieb.
„Omas Pakete“ ist auf den zweiten Blick also ein sehr philosophisches Bilderbuch und das im gewissen Sinne „offene Ende“ (da man nicht sieht, was das Paket enthält) bietet viel Gesprächsstoff über Vermissen, Heimweh, Reisen, Briefe schreiben und Pakete schicken.
Bilder voller Liebe
Die Illustratorin Taltal Levi hat überdies viele Seiten so detailreich ausgeschmückt, dass man sofort zurückblättern möchte, um alles noch einmal zu bestaunen. Sie kreiert mit Farben wunderschöne Stimmungen und allein ihre Titel-Illustration sagt schon mehr als tausend Worte: Oma und Enkelin, den Blick jeweils in die Ferne gerichtet, ihre Hände, die sich durch eine Paket-Schleife sacht berühren, auf dem Gesicht ein stilles, glückliches Lächeln.
Fazit: Nach diesem Bilderbuch mag ich mich sofort hinsetzen und ein Päckchen packen, den alten Post-Werbespruch im Ohr „Schreib mal wieder“. Pfeif auf das Porto, vergiss lange Postwege und minutiöse Zoll-Deklarationen und zaubere ein Strahlen in ein Gesicht am anderen Ende der Welt.
Matthias Kröner
Omas Pakete*
Illustrationen Taltal Levi
Beltz & Gelberg 2023
ISBN: 978-3-407757098
30 Seiten
14 EUR
Ab 4 Jahren
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Zauberhaft beschrieben, dieses wohl sehr seelenvolle Bilderbuch! Da will man es gleich verschenken!