Glückskeks des Monats

Unser Glückskeks im Februar: Schneechaos in Alabama

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Oder: Odyssee mit Happy End

Alabama. Da denkt man an den Film „Sweet Home Alabama“, viel Sonnenschein und ewige Sommer. Daran, dass die Winter kurzfristig richtig kalt werden können und dass es sogar schneit, denkt wahrscheinlich niemand.

In unserem ersten Winter in Alabama wurde ich von den Nachbarn vor Schnee gewarnt, sogar mehrmals. Kommt selten vor, aber wenn… dann endet es im Chaos, haben sie alle gesagt. Gelacht habe ich darüber, herzlichst. Schnee in den Südstaaten der USA, wie schlimm kann das schon sein? Ich bin in Österreich aufgewachsen, Schnee sollte für mich also kein Problem sein. Ich sollte eines Besseren belehrt werden…

Schneeflöckchen…

Als ich an einem Dienstag im Januar 2014 die Wettervorhersage las, habe ich mir also nicht allzu viel gedacht. Leichte, sogenannte „snow flurries“ waren vorhergesagt, Schneeflocken, die aber nicht am Boden liegen bleiben. Ich dachte also, dass es ein ganz normaler Tag sein würde, vielleicht kälter als sonst, aber ohne großartige Probleme.

Ich packte meine Mädels, wie jeden Morgen ins Auto um die Große in den Kindergarten zu fahren. Danach gingen meine Kleine und ich ins Fitnessstudio. Es war der erste Tag, an dem ich sie in der daycare im Fitnesscenter abgeben wollte und ich freute mich unendlich auf die Yoga Stunde und die Zeit für mich. So weit, so gut. Alles lief wie geplant. Als meine Yogastunde begann, sah ich die ersten Schneeflocken. Ich machte mir keine Sorgen, die „snow flurries“ waren ja vorhergesagt, erst als ich sah, dass sie am Boden liegen blieben, musste ich dann doch wieder an die Worte der Nachbarn denken: „Schnee in Alabama bedeutet immer Chaos!“ Innerhalb weniger Minuten waren die Straßen mit Schnee bedeckt. Nun denkt ihr wahrscheinlich: Wo ist das Problem?

Das große Problem ist, dass Birmingham über keine Schneepflüge oder Räumfahrzeuge verfügt, wie man sie normalerweise in Städten finden würde, die regelmäßig Schnee bekommen.  Schnee der also liegenbleibt, keine Räumfahrzeuge, keine Streufahrzeuge und dazu Autofahrer, die in Autos fahren, die wahrscheinlich schon seit mehreren Jahren nicht mehr den deutschen TÜV bestanden hätten, und die auch keine Routine mit Schnee hatten. Etwas Panik machte sich in mir breit. Diese wurde noch größer, als einige der Frauen in der Yogastunde Anrufe erhielten und hastig aufbrachen. Die ersten Schulen begannen zu schließen.

… und nichts mehr geht

Ich bekam keinen Anruf, also wurde ich selbst aktiv. Und siehe da, der Kindergarten wollte auch schließen und ich sollte meine Große möglichst schnell abholen. Sollte kein Problem sein. Die Fahrt dauerte unter normalen Bedingungen 20 Minuten und ich hatte eine gute Stunde Zeit, bis der Kindergarten schließen wollte. Aber ich hatte das Chaos vergessen… die Fahrt war die reinste Hölle. Es war unendlich kalt und die schneebedeckten Straßen wurden sehr bald zu eisglatten Straßen. Nichts ging mehr! Dazu kam, dass ich viel zu wenig Essen für die Kleine hatte, mein Handy einen fast leeren Akku (Ladekabel natürlich zu Hause), mein Tank nur halb voll war und ich nur Yogakleidung am Leib. Nicht mal richtig feste Schuhe! Autsch! Meine Ignoranz wurde bestraft.

Ein Unglück kommt selten allein

Durch das lange Herumstehen, Zentimeter für Zentimeter weiterfahren auf dem Highway leuchtete schon bald meine Tankanzeige auf. Habe ich schon erwähnt, dass ich auch noch ein Dieselauto fuhr? Diesel ist in den USA nicht an allen Tankstellen erhältlich, somit konnte ich auch nicht so einfach an jeder Tankstelle stehen bleiben, um zu tanken. Meine Kleine, die den Anfang der Odyssee verschlafen hatte, wachte dann auch noch auf und begann zu weinen. Dazwischen telefonierte ich immer wieder mit dem Kindergarten. In der Zwischenzeit hatte sich immerhin herausgestellt, dass er nicht einfach schließen würde, da viele Eltern in der gleichen Situation wie ich steckten. Einige Eltern, die weiter weg arbeiteten oder wohnten, wussten bereits, dass sie den Weg zum Kindergarten nicht schaffen würden, somit war der Plan, dass einige Erzieher mit den Kindern dort übernachten würden.

Ich steckte nun in der Mitte, nach Hause fahren war keine Option und zum Kindergarten würde ich es wahrscheinlich mit dem Auto auch nicht schaffen. Was tun? Tanken war unmöglich, da die Tankstelle, die Diesel hatte, einfach zu weit weg war und auf den Straßen nichts mehr ging. Da ich nicht im Nirvana mit einem leeren Tank liegen bleiben wollte, entschied ich, mein Auto auf einem Parkplatz stehen zu lassen und zu Fuß weiterzugehen.

Zu Fuß durch Eis und Schnee

Ich sagte also meinem Mann und im Kindergarten Bescheid, schrieb mir diverse Telefonnummern auf, denn mein Handy war nun tatsächlich fast leer und parkte 4 Kilometer entfernt vom Kindergarten bei einer Shopping Mall neben dem Highway. Zum Glück hatte ich jede Menge extra Kleidung für die Kleine mit, damals 9 Monate alt, und ich zog ihr alles an, was ich finden konnte. Ich selbst hatte ein Tank Top und eine Leggings an, gepaart mit einer Sportjacke und einer Regenjacke. Ja und meine Schuhwahl, ich Depp, war wirklich denkbar schlecht: Sportballerinas mit kurzen Socken. Auf dem Parkplatz gab es wenigstens einen Drogeriemarkt, also kaufte ich mir dort Thermosocken, eine Haube und Handschuhe, die Kleine wurde in den Babycarrier geschnallt und wir stapften los.

Dank meines Adrenalinschubs war mir weder kalt, noch verspürte ich Panik. Ich ging entlang des Highways, so wie viele andere Menschen auch. Die Amerikaner sind in solchen Situationen auch wirklich unendlich hilfsbereit. Ein älterer Mann hielt meine Hand und ging mit mir, damit ich nicht stolperte, denn die Straßen waren furchtbar glatt. Ich sah Menschen, die versuchten herkömmliches Speisesalz auf die Straßen zu schütten. Leute die Wasser und Decken verteilten. Die typische Hilfsbereitschaft der Amerikaner, das Wir-Gefühl setzte ein und es war dadurch wirklich halb so schlimm. Etwa einen Kilometer vor dem Kindergarten stoppte ein Paar in einem Jeep neben mir und nahm mich und meinen Helfer mit dem Auto den Rest mit. Ich war so glücklich und erleichtert, vor allem als ich meine Große in die Arme nehmen konnte.

Übernachten im Kindergarten

Kaum wieder vereint, fingen die Sorgen um meinen Mann an, der noch im Büro war. Er versuchte, mit dem Auto nach Hause zu kommen, musste aber wie ich, aufgeben und das Auto auf einem Parkplatz zurücklassen. Auch er wurde von einigen Leuten in einem Jeep mitgenommen, die den ganzen Abend und die Nacht unterwegs waren, um den Leuten zu helfen. Er schlief schlußendlich in einem Hotel auf der Strecke, während wir drei Mädels es uns im Kindergarten auf dem Boden bzw. einer Couch“gemütlich machten“. Gemeinsam mit elf anderen Kindern, fünf Eltern und fünf Erziehern. Es war ein Abenteuer, das wir alle nie vergessen werden!

Am nächsten Tag sah die Situation viel besser aus und mein Mann konnte uns am Nachmittag mit dem Auto abholen. Zu Hause angekommen erwarteten uns eingefrorene Wasserleitungen sowie eingefrorene WC-Spülungen. Die Häuser in Alabama sind auch nicht für den Schnee und die Kälte gemacht. Aber wir waren alle gesund und munter und sehr froh, wieder daheim zu sein. (Yasemin)

2 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Rena sagt:

    Was einem so alles passieren kann!? Eine Wahnsinns-Story! Mit Spannung und Rührung gleichermaßen gelesen… Danke für den tollen Bericht.
    Rena

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