Expat-Leben

Expat-Leben: Gartenglück

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Manchmal denke ich, ich wäre inzwischen eine sehr anspruchsvolle Expat-Kandidatin. Aus einem einzigen Grund: Ich liebe meinen eigenen Garten! Den zweiten Sommer darf ich nun schon nach eigenem Gutdünken Kräutertöpfe vergraben, Stauden setzen, Rosen putzen und Buxe stutzen. Es ist herrlich, an den langen Sommerabenden noch eine kleine Runde zu drehen, hier zu zupfen, da zu staunen und den Nacktschnecken nächtliche Besuche ganzer Igelfamilien an den Hals zu wünschen. Sommer atmen. Gedanken sammeln.

Wenn ich an meinen Garten denke, dann fallen in meinem Kopf gleich etliche Expat-Destination durchs Raster: die Mega-Cities, in denen man in der Regel allenfalls ein schickes Apartment hat, vielleicht sogar mit Indoor-Spielplatz im 13 Stock oder Roof-Top-Pool – aber eben keinen Garten; aber auch weniger urbane Ziele in subtropischen Breitengraden, wo man vielleicht sogar einen Garten bekommt, aber dazu leider auch Klapperschlangen und andere Tierchen, die mich beim Buddeln stören; oder die heißen und trockenen Flecken dieser Erde, an denen nichts außer Kakteen und Sukkulenten gedeihen. Klingt wählerisch? Ja, ich weiß, aber es ist gerade Sommer und vor meinem Fenster blüht es so wunderbar.

Selbst wenn alle Umgebungsfaktoren stimmen sollten, hat es ein Expat mit Gärtnerseele nicht leicht. Denn nicht nur Stadt und Klima machen ihm das Leben schwer sondern auch die Vermieter.

Der Expat-Garten ist vor allem eines: immergrün

Wer Expats ein Haus mit Garten überlässt, tut das in der Regel nicht nur einmal. Es sind Objekte, die oft nur zu dem Zweck gebaut wurden, eine Expat-Familie nach der anderen zu beherbergen und entsprechend wird der Garten angelegt. Für jeden neuen Mieter soll das Objekt adrett aussehen und keine Arbeit bedeuten. (Ist ja nicht jeder so gartenverliebt wie ich, ich weiß). Expat-Gärten sehen also in der Regel so aus: viel Immergrünes, damit sich keine unansehnlichen Laub-Teppiche bilden im Herbst; viel Formschnitt-Gehölze und Gräser; damit es im immergrünen Einerlei ein bisschen Abwechslung gibt; vielleicht ein paar Rosen für den edlen Look.
Stauden? Fehlanzeige; die muss man ja zurückschneiden. Blumenzwiebeln? Brauchen Staudenbeete drum herum, damit sie überwuchert werden, wenn die Blätter anfangen, hässlich gelb zu werden. Expat-Gärten sind austauschbar, zur Not von einem regelmäßigen Gärtnerdienst zu pflegen zu kalkulierbaren Kosten.

„Na!“, werdet ihr jetzt denken. „Da war sie mit ihrem Gartenfimmel in England ja ganz richtig aufgehoben.“ Ja und nein. Denn auch in England hatten wir ein Haus mit Expat-Garten (in England kauft man Häuser, dementsprechend sind zu mietende Objekte in der Regel für wen gebaut? Richtig: Expats, die nur ein paar Jahre bleiben).

Haus 1 war Erstbezug, der Gartenteich vor der Schafweide dementsprechend noch ein schlammiges Erdloch, dass mit drei Gräsern bepflanzt wurde. Die Bepflanzung aufzustocken, hätte uns arm gemacht – der Teich maß 4×3 Meter. Immerhin: Die Hofmauer war von Heckenrosen gesäumt. Rundherum – 20 Meter ausschließlich Heckenrosen, die leider nicht von März bis Oktober blühen.

Haus 2 war da schon eine andere Liga. Der Garten sogar preisgekrönt – wie uns der Landlord mehrmals versicherte. Tatsächlich war er aufwändig angelegt: erhöhte Sitzplätze, Bassin mit kleinem Wasserspiel, ein geschwungenes Beet mit Buxbaumspalier in Pyramidenform, jeder Bux mannshoch; eine haushohe Palme, ein Bambusmeer. Ahnt ihr es schon? Das einzig Blühende waren afrikanische Lilien (deren Laub immergrün ist) und ein Pfeifenputzerstrauch. Der Garten sah zwölf Monate im Jahr mehr oder weniger gleich aus. Immer makellos – egal ob man im November oder Juli einziehen würde. Veränderungen explizit unerwünscht (laut Mietvertrag). Aber selbst mir wäre im Traum nicht eingefallen, in diesen Designgarten Osterglocken oder Fette Hennen zu pflanzen (selbst wenn ich gedurft hätte).

Guerilla-Gardening für Expats

Was tut man also, damit die Gärtnerseele nicht eingeht wie eine Primel? Zum Beispiel in Kübel investieren und hier eine Rose, da einen Lavendeltopf und dort Hortensien postieren. Ein besonders breiter Topf ergibt übrigens einen wunderbaren kleinen Gartenteich. :-) Gartenglück TeichBei der Rückkehr nach Deutschland lässt sich dann entweder alles auf dem LKW verstauen (bei uns ein halber Anhänger inkl. Schaukel und Sandkasten ;-) ) oder man kann jedem lieben Freund einen Topf zum Andenken in die Hand drücken.
Sollte der Vermieter nicht ständig vorbeischauen (oder dessen Gärtner nach dem Rechten sehen) kann man auch „heimlich“ Blumenzwiebeln vergraben in Hülle und Fülle. Sie verschönern jedes Expat-Frühjahr und wenn man weiß, es geht zurück, dann holt man sie ohne Probleme aus der Erde. In Zeitungspapier gewickelt sollten sie sogar einen Containerumzug überstehen.

Wem die Guerilla-Taktik zu mühsam ist, der begnügt sich damit, an den Wochenenden durch botanische Gärten zu streifen. Und da hatten wir in England tatsächlich die beste denkbare Destination. Rundherum konnten wir durch die wunderbar blühenden Landschaften der Manor und Houses spazieren und dabei alles aufsaugen, was englische Gartenbaukunst zu bieten hat. Vor allem Coton Manor Gardens wurde zu unserem zweiten Platz im Grünen, den jeder Besucher bestaunen musste: das Bluebell-Meer im April, das Rosenparadies im Juni und bis spät in den Herbst hinein ein Feuerwerk an üppigen Stauden farblich perfekt komponiert. Ein kleiner Sehnsuchtsort und große Inspiration für den eigenen Garten, in dem ich mich jetzt austoben darf.

Wo auch immer ihr seid – im eigenen oder fremden Garten – ich wünsche euch einen wunderbaren Sommer und herrliche Stunden im Grünen.

Autor

Jonna Struwe, freiberufliche Autorin, Bloggerin und Gründerin von Expatmamas.de, dem Portal für Familien im Ausland

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