Fieberzäpfchen für Kinder – in Deutschland eine Selbstverständlichkeit, in England – nun ja… Um es mit den Worten des dortigen Arztes zu sagen: „Well, the English and their bottoms…“ Seine Anspielung und der horrende Preis waren mir Hinweis genug, mich in Deutschland mit einem Zäpfchen-Vorrat einzudecken. Nicht tragisch, man muss es eben nur wissen. Aber manche von euch sind etwas weiter von der Quelle entfernt oder dauerhaft auf Medikamente angewiesen, da spielt die Frage, was muss, kann und darf ich mitnehmen ins Entsendungsland eine größere Rolle. Und wieder einmal freue ich mich, in unserer Facebook-Community eine Expatmamas-Expertin gefunden zu haben, die euch ein paar Tipps geben kann: Ilka, approbierte Apothekerin und derzeit Expat-Mama in Singapur, hat für euch zusammengefasst, was man bedenken sollte, welche Apps und Webseiten euch weiterhelfen und was in die Reiseapotheke gehört.
Reiseapotheke, Apps und mehr für das Leben im Ausland
Ein Gastbeitrag von Ilka Lorenz
Wenn ihr die Ausreise vorbereitet, macht ihr euch auch Gedanken, welche Medikamente ihr mitnehmen solltet. Anders als bei einer Urlaubsreise möchte man aber für einen größeren Zeitraum vorsorgen (nicht nur zwei, drei Wochen) und muss bei dauerhaft verschriebenen Arzneien bedenken, wie die lückenlose Medikation sichergestellt werden kann. Meine Favoriten für die Reiseapotheke habe ich euch hier zum Download zusammengestellt; darüber hinaus möchte ich euch aber auch noch einige weitere Tipps zur Vorbereitung geben.
Beachtet die Einfuhrbeschränkungen
Vor der Einfuhr der Medikamente rate ich, sich über die Einfuhrbeschränkungen der jeweiligen Länder zu informieren. Singapur erlaubt z.B. nur einen durchschnittlichen Vierteljahresbedarf an persönlichen Medikamenten, mit strengen Einschränkungen im Bereich verschreibungspflichtiger Schlaf- und Beruhigungsmittel; starke Schmerzmittel dürfen teilweise nur nach vorheriger Genehmigung eingeführt werden; einige Substanzen stehen komplett auf einer Einfuhrverbotsliste. Da sie dann teilweise auch noch als Drogen eingestuft werden, sollte man diese Einschränkungen auf jeden Fall ernst nehmen; in Singapur gibt es bei Drogendelikten immer noch drakonische Strafen.
Denkt an aktuelle Impfpässe, Operationsberichte und Diagnosen
Neben der eigenen Dauermedikation (Vorsicht hier bei bestimmten Lagerungsvorschriften, wie Kühlkettenpflicht) und den Impfpässen sollten auch wichtige medizinische Dokumente mit im Handgepäck reisen. Dies kann zum einen eine ärztliche Bestätigung über die Notwendigkeit der Einnahme oder Anwendung bestimmter Medikamente (z.B. Insulinspritzen) sein, aber auch Operationsberichte und Diagnosen gehören dazu. Gerade bei potenziell lebensbedrohlichen Grunderkrankungen – wie übrigens auch bei starken Nahrungsmittelallergien – empfiehlt sich zudem eine Übersetzung der Dokumente in die jeweilige Landessprache.
Nutzt den Look-and-See-Trip
Wenn man auf eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen ist, empfiehlt es sich, beim Look-and-see-Trip auch eine Apotheke aufzusuchen und einfach einmal nachzufragen, ob die Medikamente im jeweiligen Land überhaupt zu bekommen wären. Gerade bei Schilddrüsenhormonen z.B. kann ja ein Produktwechsel schon zu deutlichen Schwankungen der Werte führen. Migräne-Medikamente, wie die in Deutschland eingesetzten Triptane sind beispielsweise in Singapur nicht frei verkäuflich zu bekommen und auch nicht in der in Deutschland üblichen Zusammensetzung bzw. Dosierung.
Generell warnen die Behörden in Deutschland vor Arzneimittelfälschungen aber auch Verunreinigungen lokal angebotener Präparate.
Besonders Teezubereitungen (getrocknete Pflanzenbestandteile) können hohe Belastungen an Schwermetallen aufweisen und Arzneimittel, die außerhalb der Apotheken angeboten werden (besondere Vorsicht bei hormonellen Kontrazeptiva oder Malariamitteln!), erweisen sich immer wieder als unwirksam, da die angegebenen Wirkstoffe nicht in ausreichender Menge oder gar nicht vorhanden sind.
Sucht euch sinnvolle Apps
Reiseapotheken-Apps gibt es von Pharmafirmen. So z.B. im App Store von Ratiopharm „Gute Reise“. Hier kann man sowohl länderspezifisch suchen, als sich auch allgemeine Empfehlungen für die Ausstattung der Reiseapotheke ansehen, letzteres unterteilt nach Art des Aufenthaltes (Strand-, Familien-, Aktivurlaub, Städtereise). Sinnvoll sind die Informationen zur Wasser- und Nahrungsqualität, ebenso wie zur Qualität des Gesundheitswesens allgemein.
Für Patienten, die an Hämophilie leiden, hat Firma NovoNordisk die App „HaemTravel“ entwickelt. Sie lädt langsamer als das Produkt von Ratiopharm, was bei schlechter Internetqualität sehr einschränkend sein kann. Hier gibt es neben den speziellen Informationen über die schwerwiegende Grunderkrankung länderspezifische Informationen, die ebenfalls Informationen zur Infrastruktur erfassen. Eine lange Liste an Krankenhäusern und Medizinischen Einrichtungen erleichtert sicherlich in einem Schadensfall die Erstversorgung.
Für ein generelles Medikationsmanagement gibt es die App „MeineMedizin“ (Sponsor ist hier u.a. die Ärztekammer für Wien), dort gibt es auch eine allgemeine Checkliste für eine Haus- bzw. Reiseapotheke. Diesen Service bietet aber auch nahezu jede öffentliche Apotheke in Deutschland an; häufig über die jeweilige Homepage.
Zur Homöopathie gibt es ebenfalls Apps, die allerdings kostenpflichtig sind.
Informiert euch auf weiterführenden Webseiten
Z.B. das Auswärtige Amt hält Tipps für eine Reise-Apotheke und viele andere reisemedizinische Hinweise bereit.
Allerdings: Weder die Reiseapotheken-Apps noch Homepages ersetzen die professionelle Beratung durch einen reisemedizinisch weitergebildeten Arzt. Sie können aber gute Anhaltspunkte geben, welche Impfungen man mit dem Arzt gegebenenfalls diskutieren möchte, oder auf welche Situationen man sich bei Reisen vom Entsendungsland aus einstellen sollte.
Jetzt bleibt mir nur noch, euch ein gesundes neues Expat-Jahr zu wünschen! Und wenn ihr Fragen habt oder länderspezifische Tipps, dann hinterlasst hier gerne einen Kommentar oder schreibt mir an: pillendreherin@gmx.de.
[…] mich sehr, dass sie bereit war, ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. (Übrigens: schon 2018 war ein Beitrag von Ilka der Blogauftakt des Jahres. Ich bin gespannt, was 2020 ihr Thema hier sein […]
[…] Empfehlungen für eure Expat-Hausapotheke von einer Apothekerin und Expatmama lest ihr auch hier auf dem Expatmamas-Blog: “Für ein gesundes neues Expat-Jahr“. […]