Expat-Leben

Expat-Leben: Der Spuk in unseren Köpfen

Zweifel und Selbstzweifel der Expatmamas

Halloween naht und ich bin etwas zwiepältig wie in jedem Jahr. Ich schnitze zwar begeistert Kürbisse mit den Kindern, aber Fingerkuppen-Kekse backe ich nicht. Ich kaufe Großpackungen Gummibärchen für die kleinen Klingelgeister, aber Grabsteine und Skelette im Vorgarten postiere ich nicht. Ich hege keine große Begeisterung für das Grauen, aber was ich fürchte und zwar nicht nur einmal im Jahr sind meine eigenen Hirngespinste. Damit meine ich nicht die Wahnvorstellungen, dass ein Einbrecher eines Nachts im Haus stehen könnte, wenn es irgendwo im Gebälk leise knackt (wobei: die habe ich auch), sondern die Hirngespinste, die man im allgemeinen „Zweifel“ oder schlimmer noch „Selbstzweifel“ nennt. Und ich kenne viele Expat-Frauen, die von solchen Geistern verfolgt werden und das nicht nur an Halloween.

Zweifel und Selbstzweifel

Diese Geister lauern das ganze Jahr über dort, wo man nicht mit ihnen rechnet und sie können zig verschiedene Erscheinungen annehmen, sodass man sie nicht unbedingt sofort erkennt. Sie kommen zum Beispiel in harmlosen kleinen Sätzen daher, wenn unsere Kinder sagen:

„Mama, du kannst wenigstens das „th“!“ – Moment, was heißt „wenigstens“? Und das aus dem Munde von jemandem, der vor einigen Wochen noch bis Twenty-twelve gezählt hat. Schon meldet sich ein kleiner Kobold in deinem Kopf und feixt: „Du sprichst soooo schlecht!“ Da trifft dich schon der nächste Satz:

„Mama sprich deutsch mit mir. Das andere klingt komisch.“ – Aha, nur ungewohnt oder peinlich? Der kleine Kobold im Kopf bläht sich zu Flaschengeist-Größe auf und höhnt: „Da hilft auch kein Sprachkurs mehr, der Akzent bleibt!“

„Mama, die anderen Mütter hier ….“ Und man schaltet lieber auf Durchzug oder die Minderwertigkeitskomplexe lassen dich wie ein böser Zauberspruch zu Stein erstarren.

Andere Male erwachen die kleinen Geister in unseren Köpfen, wenn z.B. jemand unsere ersten Orientierungsversuche in einem Wortschwall ertränkt: „Also ich hab ja am Anfang auch …. Du musst unbedingt…!“ Undsoweiter.
Oder wenn ein Einheimischer unbeirrt ausschließlich mit deinem Mann spricht, obwohl du direkt daneben stehst: „Sir“ hier,  „Sir“ da.
Oder aber partout gewisse Bitten im Haushalt ignoriert werden, obwohl du angeblich der Chef bist. Schon wächst das nächste Spukgebilde aus Selbstzweifeln, Wut und Bitterkeit.

Und der wohlmeinende Satz des müden Göttergatten am Abend: „Schatz, dann such dir doch einfach eine Sport-/Töpfer-/Kindergruppe oder einen Sprachkurs!“ klingt wie Hohngelächter ganzer Heerscharen von gemeinen Gnomen in unseren Ohren.

Gespenstische Stille

Nicht selten reicht auch einfach die gespenstische Stille, wenn tagelang kein Telefon klingelt, weil die Zeitverschiebung selbst Skype nicht auszugleichen vermag. Schon wispern die fiesen leisen Stimmen in uns: „Du gehst es nicht richtig an! Du musst deine Einstellung ändern; schau dir nur xy an. Die ist super drauf! Das Ganze war ein riesen Fehler; daheim hattest du so viele Freundinnen/einen tollen Job/glückliche Kinder!“

Jede von uns kennt hundert solcher Sätze. Am deutlichsten hören wir sie abends im Dunkeln, wenn alles schläft, nur wir nicht. Wir lauschen auf unsere Hirngespinste, ob sie sich regen und sehen ihnen zu, wie sie durch unsere Gedanken wabern und das Hirn vernebeln.

Und was sagen wir unseren Kindern, wenn sie nachts aus Angst vor Geistern in unsere Betten kriechen? – „Da ist nichts, Schatz! Das bildest du dir nur ein. Alles ist gut.“

Warum sagen wir das nicht öfter zu uns selbst? „Da ist nichts. Das ist alles nur in deinem Kopf, der dir mal wieder üble Streiche spielt.“ – Damit sich alle Hirngespinste sofort in Luft auflösen! In diesem Sinne: Vertreibt die bösen Geister! Happy Halloween!

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