Herbstzeit – Kürbiszeit. Und zumindest auf der Nordhalbkugel fiebern immer mehr Kinder der einen Nacht entgegen: Halloween! Als Deutsche und damit Halloween-Greenhorn glaubte ich mich in England quasi im Stammland des Kürbis-Kults; meine Skepsis gegenüber den umherziehenden Geisterbanden lastete ich meinen Vorurteilen an. Und dann das!
Wo bei den Briten der Humor aufhört
Schon Tage vor Halloween geisterte auf der BBC vor allem ein Thema durch die Programme: „the anti-social behaviour by the trick-or-treaters“. Ab sofort wurde asoziales Verhalten marodierender Klingelbanden mit einer Geldstrafe bis zu 80 Pfund geahndet; das galt auch für Kinder unter 12! Die Diskussionen waren hitzig, was wohl als asoziales Verhalten zählen sollte. Die Zahnpasta an der Türklinke? Mehl im Vorgarten? Rohe Eier im Briefkasten?
Das Erpressen von Süßigkeiten („trick or treat„) schienen auch in England nicht alle lustig zu finden. Und während bei der BBC noch diskutiert wurde, leuchteten mir beim Einkaufen im Sainsbury‘s große Warnschilder der Polizei entgegen: Ab sofort bis Halloween durften weder Eier noch Mehl an unter 18 Jährige verkauft werden! – Ein neuer Vorstoß an der Trick-or-Treat-Front.
Operation „Geist“
Polizeiposten taten sich mit lokalen Schulen für Aufklärungskampagnen zusammen; mancherorts wurde zu Halloween die „Operation Ghost“ ausgerufen (z.B. in Wyre Forest) und vermehrt Streifenwagen ausgeschickt und obwohl die Polizisten nicht müde wurden, zu betonen, dass ja die allermeisten Kinder nur friedlich ihren Spaß haben wollten, hielten sie es doch für angebracht, Tausende Poster drucken zu lassen: Sorry No Trick or Treat!
Bürger, die nichts mit Halloween am Hut haben wollten, konnten diese Poster ins Fenster oder an die Tür hängen, und die Kinder waren angehalten, die Schilder zu respektieren und woanders zu klingeln. Gerade ältere und alleinstehende Menschen fühlten sich wohl oft behelligt oder gar bedroht von den Fratzen an der Türschwelle und das Poster sollte die Geister fernhalten. Ob es funktioniert hat, kann ich nicht berichten.
Meine Kinder waren jedenfalls seinerzeit noch zu klein, um selbst auf Tour gehen zu wollen und außer den „Mund-auf-Verkleidungen“ (O-Ton meiner Tochter) mancher kleinen Klingel-Geister haben wir in unserem Dörflein keine Halloween-Schrecken erlebt. Ich musste weder Zahnpasta an Haustürklinken noch Sprühsahne im Briefkasten fürchten und für meinen Sohn (damals 2) war das Hundekostüm wahrscheinlich sowieso das Traumatischste an ganz Halloween. Verkleiden war für ihn der Schrecken schlechthin und obwohl in der Nursery ohnehin nur Harmloses erlaubt war (Bienen, Prinzessinnen, Kürbis…) war der Tag für ihn nur mit Dauerschnuller zu überstehen. Er konnte ja zu dem Zeitpunkt nicht ahnen, dass ihn nur ein Jahr später im Kindergarten in Deutschland Lichtschwerter, blutig geschminkte Gesichter und Star Wars-Masken empfangen würden. Da waren die Hexen noch das niedlichste.
Schön gruselig geht es auch in Mexiko zu – allerdings feiert man hier am 1.11. den Tag der Toten. Alle Schaufenster sind mit Skeletten dekoriert, man kann Brote in Knochenform und Holzspielzeuge mit Totenschädeln kaufen. Am Feiertag selbst wird mit Kind und Kegel auf den Friedhöfen gepicknickt – zu Ehren der Ahnen, denen man das Lieblingsessen mitbringt. Na da – guten Appetit.