Das Schuljahr neigt sich dem Ende und viele Familien wissen, dass mit dem Sommer auch das Ende der Zeit im Ausland naht. Aber nicht alle freuen sich auf Deutschland. Im Gegenteil. Je näher die Heimreise rückt, desto weniger will man aus dem Gastland fort. Ich wage zu behaupten, es ist das ähnliche Phänomen wie einst kurz vor der Ausreise: Man will nicht weg, weil man sich wohlfühlt, wo man ist. Weil man geliebte Menschen, Orte und Gewohnheiten zurücklässt. Und vielleicht ist es sogar schlimmer als einst bei der Ausreise, denn anders als beim Verlassen Deutschlands kann man sich kaum damit trösten, dass es ja nur für eine begrenzte Zeit sein wird. In aller Regel wird es – von Besuchen abgesehen – ein Abschied FÜR IMMER sein.
Endgültig
Jeder Abschied ist traurig, doch wer Deutschland als Expat verlässt, tut das für den Preis des Unbekannten und während im Unbekannten, das Verheißungsvolle, das Abenteuer mitschwingt, hat die Rückkehr nur den schalen Beigeschmack des „Kenn-ich-schon“. Deutschland mag dann manchen wie die staatgewordene Ödnis erscheinen und kaum ein gutes Wort fällt über die alte Heimat: die Deutschen sind notorisch unfreundlich, Kinder unerwünscht, allenfalls Berlin umgibt einen Hauch von Weltoffenheit, ganz zu schweigen von der Engstirnigkeit derer, die nach einer deutschen Leitkultur rufen, statt wie andernorts auf dieser Welt, das chinesische Neujahr, das indische Holi-Fest, das Zuckerfest oder noch zig andere mit großem Tam-Tam in allen Straßen zu begehen. An all diesen Ressentiments ist sicher etwas dran, trotzdem wage ich die Frage: Kann es sein, dass Expat-Heimkehrer die Trauer über den Verlust der neuen Heimat unbewusst in eine Aversion gegen Deutschland ummünzen? Kann es sein, dass nicht Deutschland so schwer auf das Gemüt drückt, sondern das „FÜR IMMER“ dieses Abschieds?
Wer das Kapitel „Ausland“ schließt, erlebt einen der wenigen Momente, wo besonders deutlich wird, dass eine Zeit im Leben unwiederbringlich vorbei ist; dass wir diesen Teil unseres Lebens gelebt haben. Ähnlich wie wenn z.B. die Kinder ausziehen. Die meisten Lebensabschnitte gehen ineinander über, beim Abschied vom Expat-Leben gibt es dagegen einen klaren Schnitt, einen Moment, in dem man in den Flieger steigt, und sich bewusst wird: Das war’s!! Und das ist schwer auszuhalten und braucht Zeit, um verdaut zu werden. Das hat ganz viel mit unserem Innenleben zu tun, aber mit Deutschland und seinen Menschen eigentlich gar nichts, wenn wir ehrlich sind. Drum gebt eurer Heimat eine zweite Chance.
Worauf man sich freuen kann
Zugegeben: Deutschland macht es einem nicht immer leicht. Selbst wer nie den Blick von außen auf unser Land hatte, schimpft gerne über Land & Leute. Die Nachbarn sortieren ihren Müll nicht richtig, der Bürgermeister ist nicht bürgernah und die Kanzlerin sitzt alles aus, statt was zu tun. Das Wetter ist zu kalt, zu nass, zu heiß, die Autobahnen sind voller Staus, die Brücken marode, von den Schulen ganz zu schweigen, und die Lehrer unmöglich.
Das mag alles mal mehr, mal weniger stimmen, aber dass Vieles richtig gut läuft, das merken wir auch erst, wenn wir mal länger von daheim fort waren und daran sollten wir uns erinnern. Je nach Expat-Destination fallen uns natürlich unterschiedliche Dinge an Deutschland auf, aber alle geben uns guten Grund, mit dem Leben hier richtig zufrieden sein zu können. Vor einiger Zeit habe ich die Expatmamas in meiner Facebook-Gruppe gefragt, was sie an Deutschland schätzen, und hier kommen ihre Top10:
- Die gute, saubere Luft
- Sauberes Trinkwasser 24/7
- Die allgemeine Sicherheit
- Die Bewegungsfreiheit für die Kinder
- Zu Fuß gehen
- Das Umweltbewusstsein
- Das öffentliche Verkehrssystem
- Verlässlichkeit der öffentlichen Einrichtungen
- Demokratie und Meinungsfreiheit
- Sehr hoher Lebensstandard und Produktqualität zu vertretbaren Preisen
Und was uns dann in Deutschland noch fehlt an Weltoffenheit und Kinderfreundlichkeit und, und, und, das können wir ja selbst importieren und den deutschen Nachbarn vorleben, oder nicht?
Mehr zum Thema Rückkehr nach Deutschland findest du hier: Expatmamas-Wissen: R – Rückkehr und Reverse Culture Shock