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Frisch gelesen: Elektrische Fische

Elektrische Fische - www.expatmamas.de/blog/ #expatmamas #imauslandzuhause #heimweh

STOPP! Nicht wegklicken. Denn in diesem Jugendroman stehen die schönsten Sätze, die ich bisher über Umziehen, Heimweh und Fremdsein gelesen habe (und ein paar über Fische stehen da auch drin). Kurz: ein grandioses Buch für Expat-Teens und ich möchte euch gerne sagen warum.

Zugegeben. Ich wäre wohl selbst über diesen Titel hinweggegangen, hätte mich nicht eine Expatmama darauf aufmerksam gemacht. Wer kann schon ahnen, was sich hinter den Fischen verbirgt?

Dahinter verbirgt sich die Geschichte von Emma, die mit ihrer Mutter und ihren zwei Geschwistern von Dublin in ein Dorf an der mecklenburgischen Küste zieht. Die Mutter will zurück in ihre Heimat, als sie sich von ihrem trinkenden Mann trennt, doch Emma will nur eins: sofort nach Hause. Und zuhause, das ist Dublin. Der Atlantik. Ihre irischen Freunde und ihre irischen Großeltern. Und Levin aus ihrer neuen Klasse entwickelt für Emmas Flucht auch einen Plan… 

Ja, die Umstände für Emmas Umzug sind mit Expat-Entsendungen nicht vergleichbar. Die Mutter hat weder einen genauen Plan für ihre Zukunft in Deutschland, noch Geld. Doch worin Emma Expat-Kindern gleicht sind ihre Empfindungen: Sie hat sich diesen Umzug nicht ausgesucht, für sie hat ihre Mutter über ihren Kopf hinweg entschieden. Emma fühlt sich fehl am Platz. Aus Ort und Zeit gerissen. 

„Früher hat bis heute morgen gedauert, ungefähr bis zu dem Moment, als das blaue Taxi vor dem Haus stand und wir unser irisches Leben in den Kofferraum stapeln mussten.“ 

Eletrische Fische, Susan Kreller, Carlsen 2019

Solch wunderbar einfachen Sätze schreibt die Autorin Susan Kreller; der Einschnitt in Emmas Leben hätte nicht deutlicher hervortreten können. Das Buch ist aus Emmas Sicht erzählt, Emma, die nicht viel spricht, auch niemanden zum Sprechen hat. Sie schaut aus dem Fenster und denkt: 

„Ich habe hier nichts verloren, nicht hier. 
Nur anderswo. 
Alles.“

Eletrische Fische, Susan Kreller, Carlsen 2019

Ein Spiel mit Doppeldeutigkeiten. Ohne Kitsch und ohne das Wort Heimweh schreibt die Autorin über das, was Emma fühlt, was jeder fühlt, der ein Land und die Menschen dort verlässt und die Sehnsucht im Herzen mitnimmt. 

„Manchmal kriechen die Erinnerungen direkt durch die Nase. Man riecht ein Parfüm mit Geschirrspülmittel-Zitrusnote oder ein warmes gewürztes Essen oder die spezielle Süßigkeitenmischung in einem kleinen Laden […] und dann erinnert man sich an etwas […] und diese Erinnerungen sind dann so warm wie das gewürzte Essen.“

Eletrische Fische, Susan Kreller, Carlsen 2019

Das neue Leben in Mecklenburg ist für Emma, als würde sie nur in einem Schauspiel mitspielen, nicht echt, nur aufgesetzt, nicht sie selbst. Das Brot ist hart, die Teebeutel haben Bändchen und die „Freundlichkeit der Deutschen ist wie ein gekipptes Fenster, die Freundlichkeit der Iren wie ein offenes Schiebefenster.“

Dieser Blick auf Deutschland hat mich sehr an Expat-Rückkehrer denken lassen, die sicher alle spontan rufen: „Genau SO ist es in Deutschland! Gekippte Fenster und schmallippiges Lächeln!“

Susan Kreller findet immer wieder wunderbare Analogien, die Emmas Eindrücke greifbar machen. Sie streut englische Wortfetzen in Emmas Gedanken, wenn Emma das Neue zu viel wird, und sehr spezielle deutsche Wörter – Kartoffelrosen, Bernsteinauge, Kalter Hund –  die Emma lernt und die ihr das Neue ein Stück vertrauter machen. Denn ja, am Ende wird Emma bleiben. Fast ein Jahr lang war Weggehen ihr Ziel und dabei ist sie unmerklich dem Hiersein nähergekommen. 

Home ist, wenn du zum ersten Mal denkst, hier könntest du bleiben jetzt, vielleicht bis zum Schluss.“ 

Eletrische Fische, Susan Kreller, Carlsen 2019

Mit Sätzen wie diesen hat mich dieses Buch gepackt bis zum Ende. 

Fazit: Das Buch liest sich unglaublich leicht, ist sprachlich gestochen scharf und gleichzeitig inhaltlich voller Schwere. Daher nach meinem Empfinden eher für Kinder ab 14 Jahren empfehlenswert. Sicher aber für alle, die Heimweh kennen, Abschiede und Ankommen. Und auch für ihre Eltern. Denn wer sagt, dass man Jugendromane nur als Teenager lesen sollte? 

Elektrische Fische - www.expatmamas.de/blog/ #expatmamas #imauslandzuhause #heimweh

Susan Kreller
Elektrische Fische*
Carlsen 2019
192 Seiten
ISBN: 978-3-551-58404-5
15 EUR
Ab 12 Jahren

Auch als Taschenbuch & ebook erhältlich

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