Interview: Zurück aus ...

Zurück aus … England … oder doch Dubai?

Zurück aus England - Dubai - www.expatmamas.de/expatmamas-blog/ - #imauslandzuhause #expatleben #lebenindubai #expatmamas

Bei Jessica fiel es mir gar nicht leicht zu schreiben, woher sie zurückkam. Zwar war ihre letzte Station England, aber die prägenderen Auslandsjahre verbrachte sie in Dubai, denn dort hat sie 7 Jahre gelebt und ihre Familie gegründet. So schwingt in ihren Antworten für unsere Interviewreihe „Zurück aus…“ die Erfahrung natürlich aus beiden Ländern mit. Und auch die Rückkehr-Erfahrung ist ihr nicht neu, denn zwischen den Auslandsaufenthalten hat sie kurz in Deutschland gelebt.

e/m: Liebe Jessica, bei eurer ersten Rückkehr 2014 waren deine Jungs noch klein, 2 und 4 Jahre. Wie habt ihr damals den Umzug nach Deutschland erlebt? 

J: Es war mehr ein Auszug aus Dubai als ein Umzug nach Deutschland. Tatsächlich wussten wir beim Umzug noch nicht, ob wir länger in Deutschland bleiben würden oder dann doch nach England weiterziehen würden. Somit stellten wir auch einen Teil der Möbel erstmal ins Lager in Dubai, während wir das Allernötigste nach Deutschland verschifften. Der Umzug an sich war eigentlich organisatorisch nicht besonders schwer, auch wenn die Kinder noch klein waren. Vor Ort wurde alles sehr professionell von einem Umzugsunternehmen geregelt. Ich legte auch großen Wert darauf, dass die Kinder einen guten Abschied aus Dubai hatten. Wir trafen alle Freunde, um uns zu verabschieden. Der große Sohn hat schon sehr viel verstanden und mitbekommen, er war dort auch schon in der Schule. Wir haben mit der Klasse Abschied gefeiert und er hat noch alle Mitschüler in sein Freundebuch schreiben lassen. Das schauen wir uns auch heute noch oft an und er hat dann schöne Erinnerungen. Der Kleine war tatsächlich noch nicht einmal zwei. Der hat das natürlich noch nicht bewusst verstanden. Aber ganz wichtig war, dass ein paar Lieblingsspielzeuge direkt mit ins Flugzeug kamen.

e/m: Stand damals vor vornherein fest, dass ihr nur kurz bleiben würdet?

J: Nein, wie oben bereits angedeutet, waren wir uns sehr unsicher, wie es weitergehen würde. Schlussendlich waren wir dann ca. drei Monate in Deutschland. Und der Umzug nach England war dann wesentlich umständlicher. Die Wohnungssuche dort war mit den Kleinen sehr anstrengend. Wir hatten nur ein paar Tage Zeit und wollten natürlich so viele Wohnungen wie möglich anschauen. So viele Termine in so kurzer Zeit. Das hat weder uns noch den Kinder Spaß bereitet. Und als wir dann schließlich in unsere neue Wohnung eingezogen sind, da mussten wir noch ein paar Wochen auf unsere Möbel aus Dubai warten. Ich habe uns schließlich eine Kinder-Picknickbank bestellt, die dann als Esstischersatz diente. Das fanden die Kinder richtig cool.

e/m: War euer zweiter Umzug nach Deutschland dann ein Neuanfang für Euch oder mehr eine Rückkehr in ein bereits bekanntes Leben?

J: Beides. Wir sind in die Nähe meiner Familie zurückgezogen. Somit kannte ich die Gegend schon und war auch meinen alten Freunden und eben der Familie wieder nah. Allerdings leben wir jetzt in einem kleinen Dorf (ca. 40 km von meiner Familie), um näher am Job zu sein. Hier kannten weder ich noch die Kinder irgendjemanden. Es war sehr schwer, in diesem Dorf Anschluss zu finden, da meine Kinder an einer privaten Schule sind, um auch weiter Englisch sprechen zu können. Die Nachbarn sind alle älter und sehr „deutsch“. Ich habe das Gefühl, hier nicht richtig hinzugehören. Außerdem: Obwohl wir jetzt viel näher sind an der Familie, verbringen wir relativ wenig Zeit zusammen. Leider hat uns der Alltag so eingenommen, dass wir dafür wenig Zeit haben. In Deutschland sind wir beide berufstätig und die Familienzeit kommt sehr kurz. Im Ausland war die work-life-balance viel besser.

e/m: Warum seid ihr zurückgekommen? 

J: Ich hatte ein sehr gutes Jobangebot in Deutschland. Das hat sich sehr kurzfristig ergeben, als wir gerade in den Sommerferien hier waren. Es war so gut, dass ich es einfach nicht ausschlagen konnte, und so haben wir uns Hals über Kopf zum Umzug entschieden. Ich bin mit den Kindern einfach hier geblieben und mein Mann ist zurück nach England, um dort dann alles aufzulösen. Das war eine sehr anstrengende und schwierige Zeit.

e/m: Ihr konntet also nicht wirklich Abschied nehmen von eurem englischen Leben. Ist dir das schwer gefallen?

J: Damals ging alles so Hals über Kopf, dass ich mir gar keine richtigen Gedanken darüber machen konnte. Im Nachhinein erst wird mir bewusst, welche Fehler wir gemacht haben. Selbst habe ich jahrelang an Internationalen Schulen u. A. als pädagogische Beraterin viel mit Kindern gearbeitet. Durch diese Arbeit mit Third Culture Kids und ihren Familien habe ich mich intensiv mit dem Thema „Abschied“ auseinandergesetzt. Das ist wirklich ein ganz entscheidender Moment im Leben einer jeden Expatfamilie. Daher bedauere ich es sehr, dass wir unseren Kindern damals keinen vernünftigen Abschied aus England bescheren konnten. Das ist wirklich alles andere als ideal gelaufen. Eines Tages sind sie in die Ferien aufgebrochen und kamen dann nie mehr in ihr „altes Leben“ zurück. Interessanterweise ist mein jüngerer Sohn im Herzen immer noch sehr mit England verbunden. Er spricht Englisch viel lieber als Deutsch und hat überraschend viele Erinnerungen an dieses eine Jahr. In ein paar Monaten werde ich mit ihm ein paar Tage dort verbringen. Dann werden wir unsere alten Freunde treffen, unser Haus besuchen und all‘ die Spielplätze aufsuchen, wo wir so viel Zeit verbracht haben. Das wird dann ein nachgeholter Abschied. Das ist mir sehr wichtig. Auch nach Dubai fliegen wir noch ab und zu und halte den Kontakt mit einigen Freunden.

e/m: Was gefällt Dir an der deutschen Lebensart? 

J: Mir gefällt einfach, dass ich wieder meine Muttersprache sprechen kann. Ich spreche zwar sehr gut Englisch, aber in Deutsch kann ich mich ganz anders ausdrücken und mein Humor funktioniert einfach am besten auf Deutsch. Uns gefällt auch, dass wir in Deutschland viel in der Natur sein können. Das hat uns in Dubai schon sehr gefehlt. 
Außerdem liebe ich die langen Sommerabende, die Straßenfeste und Weihnachtsmärkte, die so ganz typisch deutsch sind!

e/m: Woran wirst Du Dich vielleicht nie (wieder) gewöhnen?

J: Ich werde mich wohl nie daran gewöhnen können, wie hier oft mit Kindern und Familien umgegangen wird. Kinder dürfen weder laut noch wild sein. Es gibt für alles Regeln und irgendwie passen wir als Familie hier manchmal schwer rein. 

e/m: Wie hat sich deine Familie inzwischen eingelebt?

J: Meine Kinder haben sich schon ziemlich gut hier eingelebt. Am Anfang fiel es dem Jüngeren sehr schwer, Deutsch zu sprechen. Er kann es zwar, aber da war einfach ein Widerstand. In den ersten zwei Jahren haben die Kinder untereinander auch ausschließlich Englisch gesprochen. Mein Mann, der ja das erste Mal in Deutschland lebt, hat sich auch sehr gut eingelebt. Er hat einen sehr interessanten Job, hat sehr viel Glück mit seinen Kollegen und mag das Leben in Deutschland. Für mich ist es am schwersten. Es gibt eben viele Dinge, die mich extrem stören und ich habe einfach Fernweh und möchte noch mehr von der Welt sehen. Ich möchte auch, dass meine Kinder noch mehr rumkommen, verschiedene Kulturen erleben und richtige Weltenbürger werden.

e/m: Was vermisst Du am Meisten?

J: Das Meer, das ich sowohl in Dubai als auch in England hatte. Außerdem fehlt es mir, Teil einer multikulturellen Gemeinschaft zu sein.

e/m: Wie geht es Dir jetzt? Welche Pläne hast Du für Deine Zukunft?

J: Auf jeden Fall möchte ich wieder ins Ausland, auch wenn wir langfristig bestimmt nach Deutschland zurückkommen werden. Im Moment arbeite ich gerade daran, mich als Coach für Expatkinder und -mamas  in Deutschland zu etablieren. Möglichst viele Menschen damit zu erreichen und ihnen einen guten Start in Deutschland zu ermöglichen, ist mein Traum.

e/m: Würdest Du etwas anders machen, wenn Du die Uhr zu einem Zeitpunkt vor dem Umzug zurückdrehen könntest?

J: Ich hätte den Abschied aus England für die Kinder viel bewusster und aktiver gestaltet. Das ist mein einziges Bedauern. Sonst habe ich immer das Beste aus unseren Auslandsaufenthalten gemacht und die Zeit sehr genossen.

e/m: Liebe Jessica, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast! Und ich wünsche dir viel Erfolg für dein eigenes Business.

Mehr zum Thema Rückkehr nach Deutschland findest du hier: Expatmamas-Wissen: R – Rückkehr und Reverse Culture Shock

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