Gestern hat für meine Kinder – Virus sei Dank – das virtuelle Schulleben begonnen. Nicht Homeschool und auch keine Corona-Ferien, sondern Schule nach Stundenplan via Zoom und Google-Classroom. Tag 1 und die Kinder lieben es.
Glück im Unglück
Vielleicht haben meine Kinder Glück im Unglück, dass sie in diesen Ausnahme-Zeiten hier in diese Schule gehen dürfen. Der Unterricht war schon in „Friedenszeiten“ weitgehend digital (von der „Schönen neuen Schulwelt“ hatte ich schon mal berichtet) und dank dieser Grundlage hat es die Schule geschafft, innerhalb von zwei Tagen komplett auf virtuell umzustellen. Hut ab.
Der Morgen beginnt um 8:05 wie sonst auch mit dem Check-in beim Advisory Teacher; statt von Angesicht zu Angesicht jetzt halt per Zoom. „Wie geht’s? Was liegt an? Sind alle da?“ Um 15:15 wird der Tag dort auch beschlossen. Dazwischen Unterricht nach Plan mit den Fachlehrern, für jede Stunde einen Zoom-Auftakt für Erklärungen, Fragen, Aufgaben. Danach stilles Arbeiten und Einreichen der erledigten Themen via Google Classroom. Selbst Klassenarbeiten sollen so möglich werden. Well, we’ll see.
Der erste Schultag
Natürlich war am Morgen wie bei jedem „Schulanfang“ die Aufregung groß. Wird das Einwählen klappen? Ist das komisch, sich auf Video zu sehen und zu hören? Was wenn …. Tatsächlich muckt bei Kind 2 erstmal die Technik und die Mutter traut sich nicht parallel ins Netz aus Sorge, das WLAN reiche nur für zwei zoomende Kinder.
Doch die Internet-Verbindung läuft stabil. Und wie so oft im Leben zeigt sich: alles halb so wild.
Als wir uns zur Frühstückspause am Esstisch treffen, ist Kind 1 aus der Puste. Es hatte eben eine Stunde Sport. Zoom an, Laptop auf den Boden stellen und zur Anleitung vom Sportlehrer Hampelmann, Situps und Co. „Ich kann nicht mehr“, japst das Kind und lässt sich auf den Stuhl fallen.
Kind 2 kommt dazu und verkündet: „Also, wenn Arbeiten im Büro später so läuft, dann freu ich mich drauf. Das macht übel Bock.“ Die Begeisterung mag auch daran gelegen haben, dass in der Mathestunde der Hund von B. auf den Teppich gekotzt hat und alle Zeuge waren. Später ist die Katze von A. über die Tastatur spaziert. Und manch anderer hat schon herausgefunden, wie man sich schöne Video-Hintergründe bastelt. Sehr beliebt: Screenshot vom eigenen Bild machen und dann auf Zoom doppelt erscheinen. Spaß muss sein.
Jedenfalls hat es beiden Kindern sichtlich gut getan, nach 5 Tagen wieder einmal mit Gleichaltrigen Kontakt zu haben. Ja, mehr sogar. Sie haben mal andere Zimmer gesehen, Haustiere, Kuscheltiere, die von der Englischlehrerin kurzerhand zu „study buddies“ gekürt wurden und das ein oder andere Lehrerkind hat in die Kamera gewinkt. Und ich freue mich für sie, über die Abwechslung, dass es zum Auftakt gut läuft und sie sich mit der Technik wohlfühlen.
Nebeneffekte
Und für mich freue ich mich auch. Ein bisschen Verantwortung teilen. Das tut gut.
Obendrein hat das virtuelle Schulleben noch ungeahnte Nebeneffekte. Zum Beispiel sind jetzt die Betten in den Kinderzimmern um Punkt acht tiptop gemacht. Man will ja nicht zum Schulgespräch werden. (Wobei da der Ehrgeiz der Mutter deutlich ausgeprägter ist als der der Kinder.)
Und ich habe ab sofort feste Arbeitszeiten. Wie in der Knoppers-Reklame – „Morgens um 10:15 in Atlanta“ – reicht die Mutter Butterbrot, Apfelschnitze und Müsli-Riegel in der exakt getimten Frühstückspause. Um 12:30 dampft wie in der Miracoli-Werbung das Mittagessen auf dem Tisch. Die Schule hat die Pausenzeiten strikt bemessen und das boheme Bloggerleben wird auf einmal getaktet wie Aktenstempeln auf dem Amt, in Zwei-Stunden-Intervallen. Aber hey, ich komme nicht in Versuchung dauerzusitzen und esse im Moment in Gesellschaft! Das hat doch auch was.
Wer weiß, was kommt
Der virtuelle Schulalltag ist also Realität. Wer weiß, für wie lange. Sicher wird es in den kommenden Tagen noch Feinjustierungen an der ein oder anderen Stelle geben, auch mit Gemotze rechne ich, aber das Konzept steht und wir sind alle dankbar für die Routine, die den kreisenden Gedanken Halt gibt.
Wenn ich morgens statt Brote zu schmieren nur pünktlich Betten machen muss, dann habe ich es nicht schlecht getroffen. Ich muss nicht Hilfslehrer spielen, sondern nur wie sonst auch beim Zeitmanagement helfen oder Hausaufgaben besprechen. Damit kann ich gut leben.
Die Herausforderung wird sein, für seelischen Ausgleich zu sorgen. Damit wir alle das Lustigsein nicht verlernen. Und damit zu leben, dass wir es vielleicht mit der Schule gut getroffen haben, aber nicht mit dem Krisenmanagement im Land. Aber das ist eine andere Geschichte.
So ein fröhlicher virtueller Schulalltag und auch Hausalltag! Wieder wunderbar geschrieben. Das positive und die ganze Freude kommt super rüber! Es möge so fröhlich weitergehen!
Danke! Ich versuche mich an das Positive zu halten, um nicht verrückt zu werden.