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Third Culture Kids – Teil 2: Abschied und Übergänge

Blogserie Third Culture Kids -www.expatmamas.de - Abschied Übergang

Manchmal scheint es, als wäre Veränderung die einzige Konstante im Leben von Expat-Kindern. Und als Expatmama habe ich manchmal gedacht, ich komme aus dem Nachjustieren gar nicht mehr raus. Das Großwerden der Kinder geht ohnehin schon mit ständig Neuem und ersten Malen einher: neuen Schlafenszeiten, neuen Essensvorlieben, neuen Fähigkeiten, erster Zahn, erste Turnstunde, erster Schultag…. Und dann ändert sich mit dem Umzug ins Ausland auch noch das Drumherum. Kein Wunder, das an manchen Tagen Mutter wie Kind nur noch heulen mögen. Oder schreien. Oder beides? Ann nimmt sich im zweiten Teil der Expatmamas-Blogserie „Third Culture Kids“ das Thema „Übergänge“ vor und zeigt, dass es für eine gute Ausreise vor allem auf einen guten Abschied ankommt. Und ein paar Tipps gegen Heimweh hat sie auch noch.

Ein Jahr Quittengelee – Oder: Wie die Ausreise gut gelingt

Ein Gastbeitrag von Ann Wöste

Die Stationen meiner eigenen Kinder in ihren ersten zehn Lebensjahren waren: China, Deutschland, Portugal, Deutschland, China und nun seit fast drei Jahren wieder Deutschland. Veränderung und Anpassung prägt das Leben von Third Culture Kids.

Jedes Kind hat dabei sicher andere Anpassungsschwierigkeiten, wenn es seine Eltern ins Ausland begleitet, aber uns haben vor allem die Essgewohnheiten zu schaffen gemacht. Auch wenn es damals in Changchun noch nicht so viele westliche Lebensmittel zu kaufen gab wie heute, waren es doch schon einige. Und trotzdem…. Meine Kinder sind in diesem Punkt sicher speziell, aber die Wurst hatte eine andere Farbe und sie wollten nicht einmal probieren, da sie ja aus Italien und nicht aus Deutschland kam; der Frischkäse war zu hart und das Kakaopulver schmeckte irgendwie anders. Ich habe im ersten Jahr jeden Tag einen Hefestuten gebacken und Gott für meinen Weitblick gedankt, 20 Gläser Quittengelee von Oma in den Container zu schmuggeln, um meine Kinder satt zu kriegen. Wenigstens den nackten Reis haben sie gegessen, wenn wir mal zum Chinesen um die Ecke gegangen sind…

Von einer Freundin, die mit ihrer Familie in Mexiko war, habe ich gehört, dass ihr Sohn komplett in den Hungerstreik getreten ist. Da ist ein Jahr Quittengelee sicher noch die entspanntere Alternative.

Übergänge

Was diese Beispiele zeigen ist, wie schwer Übergänge sind. Übergänge von einer Lebensphase in die nächste sind eine sensible Zeit; jeder von uns kennt das. In der Kindheit sind solche Übergänge der Eintritt in den Kindergarten, der Schulwechsel, die Pubertät und dann der Übergang in das Erwachsenenalter, ins Studium oder den Beruf. Überganssituationen kennzeichnet vor allem eins: die Veränderung. Die bisher alten Spielregeln gelten nicht mehr und die neuen sind noch nicht bekannt. Solche Phasen sind mit großer Unsicherheit verbunden und werden oft als inneres Chaos empfunden. Ruhe tritt erst dann wieder ein, wenn die neuen Verhaltensweisen erkannt, erprobt und verinnerlicht sind und neue tragende Beziehungen geknüpft werden konnten. Bis dahin kostet der Alltag erheblich mehr Energie, bewusstes Überlegen statt intuitiven Handelns, ständiges Beobachten, wie und was die Anderen tun, die Spannung zwischen dem Versuch, sich anzupassen und man selbst zu bleiben, dem Verlust von Rollen, die die eigene Identität ausmachten und vieles mehr. Es gibt immer wieder Tage, die hauptsächlich von Frust und Verzweiflung geleitet werden, weil wir immer noch nicht genau wissen, wie das Leben in der neuen Gemeinschaft funktioniert, obwohl wir doch dachten, so allmählich hätte sich das Dunkel gelichtet.

Der Umzug ins Ausland ist ein zusätzlicher Übergang, und zwar ein besonders schwieriger, da sich nicht nur das persönliche Umfeld völlig verändert und damit die meisten Bezugspersonen wegfallen, sondern sich innerhalb von 24 Stunden, das Land oder der Kontinent, das Klima, die Kultur, die Essgewohnheiten, das Schulsystem und die Sprache gleich mitverändern!

Third Culture Kids haben diese Übergänge oft gleich mehrfach, zusätzlich zu den Übergangsphasen im Leben, die zum Großwerden ohnehin dazugehören.

Und jeden dieser Übergänge kann man in fünf Stadien einteilen (nach David C. Pollock):

  1. Eingebundenheit
  2. Abschied
  3. Übergang
  4. Eintritt
  5. Wiedereinbindung

Die erste Phase, die der Eingebundenheit ist offensichtlich. Aus der Sicht einer Familie, die noch in Deutschland ist, heißt das: jeder weiß, wo er hingehört und kennt die Regeln. Diese Phase ist gekennzeichnet von großer Stabilität, Gelassenheit und Ruhe. Wir wissen, wie das Leben hier funktioniert, haben unseren Alltag im Griff, sind flexibel und fühlen uns wohl.

Auf den Abschied kommt es an

Wenn die Anfrage kommt, ob die Familie bereit wäre, für eine Firma ins Ausland umzuziehen, tritt das Stadium des Abschieds ein. Die Loslösung aus alten Beziehungen beginnt. Dieser Vorgang ist uns oft gar nicht bewusst, aber Freunde haben oft den Eindruck, sie seien innerlich bereits abgemeldet und wir ziehen uns aus Verantwortlichkeiten zurück, da wir ja bald sowieso nicht mehr da sind. Konflikte, die sonst noch ausgetragen oder geklärt werden würden, werden häufig vermieden. Hier liegt eine große Gefahr, da Ungeklärtes überall als belastendes Gefühl mitgenommen wird.

Planung und die Beschäftigung mit dem zukünftigen Heimatland sind sehr wichtig, und vor allem Kinder können so wunderbar auf das neue Leben eingestimmt werden:

  • Lest gemeinsam ein Buch, das im Gastland spielt oder schaut einen Film, der „Umzug“ zum Thema hat.
  • Lasst eure Kinder HB Atlanten oder Merian Hefte zerschneiden, um mit den Bildern Kollagen zu basteln und recherchiert gemeinsam im Internet.
  • Aber: verabschiedet euch auch bewusst, sagt nahen Bezugspersonen, dass ihr sie wertschätzt und vermissen werdet.
  • Bringt Angefangenes zu einem guten Abschluss und ermutigt eure Kinder, dies ebenfalls zu tun.
  • Feiert ein Abschiedsfest!
  • Bittet im Kindergarten oder der Schule um ein von den Klassenkameraden gestaltetes Abschiedsbuch und eine kleine Veranstaltung, die euer Kind gebührend verabschiedet.

Es muss klar sein, dass ein neuer Lebensabschnitt beginnt und der Aufenthalt im Ausland mehr sein wird, als nur ein kurzer Urlaub.

Bereitet euch auch darauf vor, dass nach den anfänglich spannenden und neuen Eindrücken in der neuen Heimat der Moment kommen wird, in dem bei euch und den Kindern das Heimweh zuschlägt und ihr euch wünscht, ihr hättet das Angebot abgelehnt. Das gehört dazu und geht vorbei. Aber wenn man weiß, dass der Moment kommt, ist man besser darauf vorbereitet und kann im Vorfeld schon überlegen, was man tun wird.

Ein paar Tipps gegen Heimweh

Nehmt z.B. ein paar Dinge mit, die eure Kinder in Deutschland ganz besonders lieben (besondere Süßigkeiten, ein Fotoalbum oder besonders Spielzeug). Legt diese Dinge für genau so einen Moment zurück und holt sie dann hervor. Im Zeitalter der digitalen Medien ist die Welt kleiner geworden, und die Sehnsucht nach Oma und Opa kann vielleicht mit einer Vorlesestunde via Skype oder Facetime gelindert werden? Das ist in unserer Familie zum Ritual geworden. Dreimal in der Woche hat Oma Bilderbücher vorgelesen und sich ausführlich mit meinen Kindern unterhalten. Ich hatte eine halbe Stunde Ruhe und die Kinder (und Oma) waren selig.

Was ich persönlich besonders wichtig finde, sind die Dinge, die ich in meinem Koffer bei der Einreise dabeihatte. Wie oft habe ich erlebt, dass Familien monatelang auf ihren Container gewartet haben. Wie oft hat es in Changchun dann einen verfrühten Wintereinbruch gegeben, und im Koffer war nur die Sommerkleidung. Manche hatten sogar Ranzen und Schulbücher im Container und haben sich wochenlang mit Kopien über Wasser gehalten. Winterkleidung kann man kaufen und Ranzen ersetzen, aber wie wichtig es für Kinder ist, in Phasen des Heimwehs in ihrer gewohnten Bettwäsche zu schlafen, ihren Lieblingsbecher beim Frühstück zu benutzen und ein paar bekannte Bücher oder CDs dabei zu haben, wird oft unterschätzt. Nehmt so viel an persönlichen Dingen, die euch und den Kindern das Einleben erleichtern, mit wie möglich, und stellt sie gut sichtbar auf. Tischläufer, Fotos, Cornflakes-Schalen oder Frühstücksbrettchen und die allerwichtigsten Spielsachen bzw. Kuscheltiere etc.

Vor der Ausreise ist man oft so beschäftigt mit so vielen wichtigen Dingen, dass auf solche „Kleinigkeiten“ in dem Moment wenig Wert gelegt wird. Aber in diesen Kleinigkeiten liegt oft ein großer Unterschied, wenn es um ein gutes Einleben im neuen Zuhause geht.

Third Culture Kids - www.expatmamas.de - Portrait Ann Wöste CoachAnn Wöste ist zertifizierter Schema- und Hypno-Coach. Das Thema, sich auch als globale Nomaden zu Hause fühlen zu dürfen, liegt ihr sehr am Herzen. „Überall zu Hause“ heißt deshalb ihr Coaching-Angebot für Expat-Partner und Third Culture Kids.  Im November beendet sie ihre Weiterbildung in Köln beim IPE (Institut für Potentialentfaltung) zum Kinder- und Jugendcoach, um künftig mit minderjährigen TCKs arbeiten zu können.

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