Expat-Leben

Expat-Leben: Meine Rückkehr aus der Expat-Eltern-Zeit

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Der richtige Zeitpunkt hieß mein Post vor ein paar Wochen: Wann ist der richtige Zeitpunkt mit Kindern ins Ausland zu gehen? Meine Variante hieß seinerzeit Expatzeit = Elternzeit und sie war in vielerlei Hinsicht ein guter Zeitpunkt. In einem Aspekt aber definitiv nicht: was die Rückkehr in den Job anging. Was ich in dem Post damals nur angedeutet hatte, kommt heute endlich als ganze Story.

Normalerweise ist mein Anspruch für diesen Blog, mutmachende Geschichten zu erzählen. Zweifel hat jede von uns selbst genug. In diesem Fall ist das aber kaum möglich: Mein erhoffter Wiedereinstieg nach der Eltern-Expat-Zeit war ein Trauerspiel in drei Akten. (Zumindest von meinem damaligen Standpunkt aus gesehen.) Hier die Zusammenfassung der Handlung.

Prolog

Vor meiner Eltern-Expat-Zeit war ich in einer Unternehmensberatung beschäftigt. Meine Aufgabe war, Kunden und Berater in Kommunikationsthemen zu schulen, Vorträge zu schreiben, auf Projekten als Spezialistin für alles rund ums Wort mitzuarbeiten. Ich hatte meine Sache offenbar nicht schlecht gemacht, denn als ich nach vier Jahren im Beruf doch noch eine Doktorarbeit schreiben wollte, wurde ich ins interne Promotionsprogramm aufgenommen. Das hieß: Freistellung für ein Jahr und ein kleines Doktorandengehalt. Während dieser Zeit wurde ich schwanger und da ich wegen der noch unfertigen Dissertation Elternzeit beantragt hatte, schien einer Expat-Entsendung nichts im Wege zu stehen. Kind 2 kam auf die Welt, ich beendete kurz darauf die Promotion und kam nach vier Jahren zurück nach Deutschland. Soweit die Kulisse.

1. Akt – Das Wiedereinstiegsgespräch

Ein knappes Jahr nach unserer Rückkehr war die Elternzeit vorbei und ich vereinbarte rechtzeitig ein Gespräch mit meiner neuen Chefin. In meiner Abwesenheit war das kleine Team, zu dem ich gehört hatte, aufgelöst und meine Kolleginnen zum größten Teil entlassen worden. Trotzdem hatte ich die (wie sich herausstellte) naive Hoffnung, dass man mir wohl kaum die Promotion ermöglicht hätte, um mich dann loszuwerden. Ich ging recht zuversichtlich in das Gespräch – und war gnadenlos schlecht vorbereitet. Mein Wiedereinstiegsgespräch war nämlich von der ersten Minute an ein Exit-Gespräch à la: „Guten Tag, Sie kennen ja die Entwicklungen der letzten Jahre. Hier ihr Aufhebungsvertrag, noch Fragen?“

Ich war so perplex (und wohl auch aus der Übung, mich zu verkaufen), dass mir nur ein kläglicher Versuch gelang: „Aber meine Diss? Und mein Englisch?“

„Klar, Sie können sich jederzeit bei den Kollegen als Beraterin bewerben.“  – Blätter, blätter. – „Und dann hätten wir noch eine 100-Prozent-Stelle als Redenschreiberin in Hamburg. Aber Sie haben ja zwei Kinder in Stuttgart, richtig?“

„Richtig.“

„Dann wär‘ ja soweit alles besprochen.“

Schon stand ich wieder vor der Tür. Keiner war an meinen Erfahrungen der letzten vier Jahre interessiert. Es spielte keine Rolle, dass ich inzwischen einen Dr. vor dem Namen stehen hatte – trotz allem. Ich war so stolz darauf, dass ich das geschafft hatte – es war die anstrengendste Zeit meines Lebens und jetzt fühlte es sich an, als wäre es nicht der Rede wert. Genau genommen: Es WAR nicht der Rede wert.

2. Akt – Der Brief

Nach dem ersten Schock entschied ich daheim enttäuscht: Wer nicht schätzt, was du gemacht hast in den letzten Jahren, der ist es nicht wert. Kleine Selbsthypnose. Soll’n sie nur ihre Papiere schicken!

Die Post kam. Und mit ihr der zweite Schock. Mir wurde ein Aufhebungsvertrag angeboten mit einer Summe, die vielleicht die Porto-Kosten für meine Neu-Bewerbungen gedeckt hätte (und zwar nur innerdeutsches Porto). Ich dachte, ich sehe nicht recht. Freundlicher Anruf in der Personalabteilung: „Guten Tag. Vielen Dank für die Unterlagen. Ich wollte mal fragen, wie diese Zahl entstanden ist?“

„Ganz einfache Rechnung: Letztes Monatsgehalt x Beschäftigungsjahre.“

„Aber mein letztes Gehalt war das Doktorandengehalt, das noch dazu innerhalb der 12 Monate regressiv gestaffelt war, sprich gegen Ende des Promotionsjahres weniger wurde.“

„Eben. Daher die Summe.“

Ich war erneut sprachlos. Konnte das sein? Und was war mit den Jahren Elternzeit? Galten die nicht als Beschäftigungsjahre? Es macht immerhin einen kleinen Unterschied, ob man mit 4 oder 10 multipliziert. Noch ein Anruf, noch eine Frage. Zackige Antwort:

„Wir können Ihnen auch gleich die betriebsbedingte Kündigung schicken.“ (Zu deutsch: Friss oder stirb.)

Keine Rechtsschutzversicherung, keine Ahnung, ob ich tatsächlich Ungebührliches forderte. Ein Kindergarten-Papa und Anwalt riet: „Schreib einen Brief. Sie haben dir die Rechnung genannt, jetzt rechnest du mit deinen Zahlen. Am Gehalt kann man nichts ändern, aber an der Betriebszugehörigkeit.“

Gesagt getan.

3. Akt – Die Anwälte

Auf meinen Brief, in dem ich freundlich darlegte, wie aufgrund der Rechnung meiner Meinung nach der Vertrag aussehen müsste, hörte ich erst einmal – nichts. Zwei Dinge muss man bedenken: 1. Wer einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, kann sich erst einmal nicht arbeitslos melden. 2. In meinem Fall ging es auch in der neuen Rechnung um eine Summe, die ein Berater in einer Woche in Flugtickets investiert. Ich war also weit davon entfernt, mich mit der Abfindung gesund zu stoßen.

Schließlich bekam ich eine Antwort – allerdings nicht von meinem Noch-Arbeitgeber sondern von einer dieser Antwaltskanzleien, deren Briefkopf allein schon eine halbe Seite Raum einnimmt. Einen solchen Brief liest man mit zitternden Händen und er verfehlte seine Wirkung nicht. Ich war endgültig eingeschüchtert.

„Genau darum geht es“, sagte der Kindergarten-Papa und Anwalt. „Der Brief sagt nichts Neues. Sie nehmen auf dein Argument keinen Bezug. Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Es geht nur ums Prinzip. Also ruf die Anwältin an und erkläre deinen Standpunkt noch einmal.“

Ich hab geschluckt. Die Anwältin dieser Kanzlei, die Anwältin der Gegenseite anrufen? – Tagelang bin ich vor dem Telefon gesessen wie das Kaninchen vor der Schlange. Schließlich hab ich mir ein Herz gefasst, angerufen und meine Sicht dargelegt, und – was soll ich sagen? – letztendlich Erfolg gehabt.

Da saß ich dann, mitten auf dem Spielteppich im Wohnzimmer und hab Rotz und Wasser geheult. Erschreckt ließen meine Kinder die Duplo-Steine fallen, um die Mama zu trösten.

„Warum bist du so traurig?“ – Aber ich war nicht traurig; ich war nur noch erleichtert, dass dieser Albtraum ein Ende hatte. Ob es auf der anderen Seite am Ende Einsicht war, reine Kulanz oder schlicht die Tatsache, dass allein der Stundenlohn für diese Anwälte die Streitsumme schnell überstieg, war mir egal. Endlich fiel der Vorhang zu diesem Trauerspiel.

Epilog

Und die Moral von der Geschichte? Kann man vielleicht doch noch etwas Positives daraus ziehen? Außer dass sich eine Rechtsschutzversicherung inkl. Arbeitsrecht evtl. lohnen kann? Nun – mit genügend Abstand kann man sagen: Es hat mir die Möglichkeit gegeben, mich zu fragen, was ich eigentlich wirklich machen will. Es war ein erzwungener Moment des Stillstandes nach Umzügen, Babyskriegen und Promovieren. Also hab ich ausprobiert, wie es ist, ein Buch zu schreiben (s. „Babys und Briten“ ;-) ) und eine Website zu gründen (s. Expatmamas). Es macht unglaublich Spaß! Und ich hab mehr gelernt, als mir die Berater-Bude hätte bieten können. Das ist doch was. Auch wenn es keine klassische Karriere ist. (Vom Einkommen ganz zu schweigen.)

Mehr zum Thema Rückkehr nach Deutschland findest du hier: Expatmamas-Wissen: R – Rückkehr und Reverse Culture Shock

Autor

Jonna Struwe, freiberufliche Autorin, Bloggerin und Gründerin von Expatmamas.de, dem Portal für Familien im Ausland

6 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

    1. Jonna sagt:

      Danke. :-) Ich versuche mich an Kästner zu halten: „Auch aus Steinen, die man dir in den Weg legt, kann man etwas Schönes bauen.“

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