Interview: Neu in...

Neu in … Montreal

Neu in Montreal - www.expatmamas.de/ - #lebeninkanada #expatleben #expatmamas

Nach einer Zwischenstation wieder in Hamburg zog Miriam als Expat von Ost nach West: erst China, jetzt Kanada. Ihre ersten Eindrücke schildert sie in meinem aktuellen Interview der Reihe „Neu in…“

Expatmama in Kanada

Liebe Miriam, wo bist Du mit Deiner Familie gelandet?
In Montreal, im Osten Kanadas.

Was war Dein erster Eindruck?
Bei Montreal geraten alle immer ins Schwärmen: Oooh, das ist das Paris Amerikas, alles total europäisch da. Kleine Bistrots, Kopfsteinpflaster, Geschäfte, viel Kunst etc. Ich fürchte, das hat meine Erwartungen etwas eingefärbt. Als wir ankamen, war ich dann zunächst enttäuscht: Abgesehen von der Altstadt unten am alten Hafen, die voller Touristen ist, fand es insgesamt doch alles ziemlich nordamerikanisch. Aber es kommt immer auf das Viertel an. Man kann Montreal nur schwer auf den ersten Blick verstehen – weder architektonisch noch atmosphärisch – als könne sich die Stadt nicht entscheiden zwischen Frankreich, England, Industriechic – und Amerika. Es ist eben eine wilde Mischung, aber eine durchaus interessante.

Was ist Dein neuer Lieblingsort?
Die Rue Bernard in Outremont. Dort sind weniger Touristen, sondern Einheimische und man fühlt sich wirklich wie in Paris, vor allem im Sommer, wenn die Trottoirs voller Bistrotischen und Stühlen überquellen. Jeder einzelne Stuhl ist faszinierenderweise immer besetzt, und die Atmosphäre ist toll: junge Hipster, elegante Damen und dazwischen chassidische Juden in weißen Strumpfhosen und Kniebundhosen und Riesenhüten.

Was gefällt Deiner Familie bisher am Besten?
Das Schlittschuhlaufen im Winter – wenn nicht gerade -27 Grad sind …. So viel Schnee wie hier haben wir in Deutschland ja selten. Und nach Feierabend oder am Wochenende gehen die Montrealer mit ihren Schlittschuhen um die Schulter gebunden zum nächsten Park um die Ecke und drehen ein paar Runden. Kinder laufen hier schon mit 2 Jahren – mit Hilfe von Stühlen, Trittleitern, was auch immer. Wenn es dunkel wird, geht man eine heiße Schokolade trinken und kehrt mit rotgefrorenen Nasen wieder glücklich nach Hause.
Mein Mann und ich freuen uns über die Restaurantszene Montreals. Es gibt hier mehr Restaurants als Supermärkte – und eins ist cooler und toller designt als das andere. Sensationell. Man kann sich hier jahrelang durch die Stadt essen, ohne einmal am gleichen Ort zu essen.

Und ich freue mich jedesmal über das „Bonjour Hi“ in jedem Laden. Hier erfährt man, was Bilingualität wirklich bedeutet.

Was war das Nützlichste, was Du von zuhause mitgebracht hast?
Roller mit großen Luftreifen. Hab ich hier noch nicht gesehen. Damit rollern die Kinder morgens zur Schule. Alles andere wäre bei den Schlaglöchern und aufgerissenen Bürgersteigen hier Selbstmord. Unsere Kinder sind allerdings die Einzigen, die alleine gehen bzw. fahren. Alle anderen steigen an der Hand ihrer Eltern morgens aus dicken SUVs – wie in Amerika. Und unsere Filzpantoffeln. Ich wusste bisher nicht, dass man SO frieren kann. Drinnen UND draußen, denn die meisten Häuser sind sagenhaft schlecht isoliert.

Wer oder was hat Dir in den ersten Tagen/Wochen am meisten geholfen?
Der schöne Spätsommer. Wären wir im Januar oder Februar angekommen, wenn hier ständig unter -20 Grad herrschen – mit einem Windchill von -35 Grad (!) – wäre ich vermutlich gleich wieder umgekehrt. Der Winter ist brutal. Blauer Himmel und knackig-frische Luft, aber so kalt, dass man es nur von der Haustür zum Auto schafft.

Was wäre Dein Tipp für alle Neuankömmlinge?
1. Auf keinen Fall im Winter umziehen.
2. Sich so vielen Netzwerken wie möglich anschließen. Bekanntschaften sind relativ schwierig zu schließen. Die Kanadier sind unfassbar freundlich und höflich und hilfsbereit. Aber der Kontakt geht meist nur bis zu einer durchsichtigen Wand – bis hierher und nicht weiter, der Rest bleibt privat. Wirkliche Freundschaften brauchen hier etwas länger.
3. In die Stadt ziehen! In den West Islands, wo auch die deutsche Schule ist, ist nicht Montreal, dort ist man gefühlt schon in Ontario und bekommt von der Stadt und ihrem französischem Flair nichts mit. Die Schulen sind hier sehr gut, und Kinder kriegen es wunderbar hin mit beiden Sprachen – auch wenn sie am Anfang weder englisch noch französisch können.

Worauf freust Du Dich in den nächsten Wochen am Meisten?
Auf den Indian Summer. Irrsinnig schön. Die Stadt verfärbt sich neonfarben, das glaubt man erst, wenn man es selbst gesehen hat.

Vielen Dank, Miriam, dass Du Dir Zeit genommen hast. Deine Antworten sind unschätzbar für andere. Expatmamas wünscht Dir und Deiner Familie alles Gute und eine tolle Zeit!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert